Vollkommen vom jungen Verdi beseelt: CD-Veröffentlichung „Ernani“ der Opernfestspiele Heidenheim
Die Opernfestspiele Heidenheim (OH!) legen mit „Ernani“ eine weitere frühe Verdi-Oper in ihrer bereits mehrfach ausgezeichneten Editionsreihe als Live-Mitschnitt vor. Unter Leitung von Marcus Bosch musizieren das Festspielorchester Cappella Aquileia und der Tschechische Philharmonische Chor Brünn mit einem ausgesuchten Solistenensemble – eine amtliche Sternstunde des deutschen Opernsommers 2019.
Mit seiner fünften Oper „Ernani“ landete der 31-jährige Giuseppe Verdi einen Sensationserfolg. Und stellte in vielerlei Hinsicht die Weichen für seine einzigartige Karriere als Bühnenkomponist. Nach der umjubelten Uraufführung im März 1844 hätten Venedigs Gassen von den Gesängen der Opernbesucher widergehallt, berichtet das zeitgenössische Feuilleton. Und dank rasch folgender Inszenierungen in Wien, London und Paris startete mit „Ernani“ auch die internationale Karriere Verdis. Der zeittypische Bühnenplot um eine (vermeintlich) unstandesgemäße Liebe zwischen dem Räuberhauptmann Ernani, der aber eigentlich ein Königssohn ist (hier gesungen von Sung Kyu Park), und der Granden-Nichte Donna Elvira (Leah Gordon), die wiederum sowohl von ihrem (Adoptiv-)Onkel Don Ruy Gómez de Silva (Pavel Kudinov) als auch von König Don Carlos (Marian Pop) begehrt wird, liefert eine ideale Projektionsfläche für das sich hier herausbildende Verdi-Piave-Erfolgsrezept: die Fokussierung auf extreme, durchaus auch überspitzt gezeichnete Charaktere und die Musikalisierung ihrer Psyche.
Dazu braucht es freilich vor allem die feinen Zwischentöne aller Ausführenden. Und das ist im Heidenheimer Sommer 2019 Marcus Bosch nahezu perfekt gelungen, so jedenfalls die einhellige Meinung der Fachpresse: Er „animiert seine Musiker zu frisch zupackendem, transparentem und farbenprächtig schillerndem Spiel, federt formelhaftes Hum-ta-ta locker ab, bringt kammermusikalische Passagen wie den finsteren Beginn des dritten Akts zum Glühen und Funkeln“, resümierte Josef Oehrlein in der Opernwelt. Die Cappella Aquileia brilliert mit „rhythmischer Stringenz und nuancierter Dynamik“ (Karin Coper im Orpheus) und mutiert zwischendurch quasi gestaltwandlerisch zur „sonoren Gitarre eines unsichtbaren Troubadours, der die Seelengedanken der in Absurdistan verlorengegangenen Menschlein wissend und tröstend begleitet“ (Eleonore Büning in der FAZ).