
CD-VÖ: Weltersteinspielungen einer Grande Dame der Kompositionskunst – Angela Metzger spielt Betsy Jolas
Sie zieht alle Register für ein neues Orgelmusik-Erleben: Die in München beheimatete Angela Metzger. Mit ihrer unfassbaren Spieltechnik, modernen Vermittlungs- und Performanceformaten sowie einer unstillbaren Neugier für das – insbesondere auch zeitgenössische – Repertoire hat sie sich in die allererste Reihe der internationalen Organistinnen und Organisten gespielt. Zuletzt erhielt sie den Förderpreis Musik der Landeshauptstadt München 2025, was die Jury u. a. folgendermaßen begründete: „Sie engagiert sich unerschrocken und beharrlich für die Weiterentwicklung der Orgel: indem sie das zeitgenössische Repertoire mit Leidenschaft auf ihre Programme setzt, durch kluge Kuration und ganz wesentlich durch die Zusammenarbeit mit Komponist*innen, deren Werke sie zur Uraufführung bringt.“
Ihr neues Album (VÖ 25.7.) widmet sie der französischen Komponistin Betsy Jolas, die sich mit ihrer ganz eigenen Klangwelt allen Schulen und Stilzirkeln der Neuen Musik entzieht. Eine CD-Novität pünktlich zum 99. Geburtstag (5.8.25) dieser noch lebenden „Doyenne of Franco-American Sophistication“. Mit an Bord waren das WDR Sinfonieorchester und Titus Engel.
Betsy Jolas gilt als konsequente Freidenkerin und als Grande Dame der Kompositionskunst sowie ihrer Vermittlung über nahezu ein Jahrhundert. Die im literarischen Pariser Künstlermilieu aufgewachsene Jolas – ihre Eltern hatten die Zeitschrift „Transition“ begründet – studierte zunächst in New York (dort Orgel bei Carl Weinrich) und dann in Paris u. a. bei Arthur Honegger, Darius Milhaud und Olivier Messiaen. Als Komponistin und leidenschaftliche Pädagogin pflegte sie anschließend Kontakte bis hin zu dauerhaften Freundschaften mit dem Who‘s who der zeitgenössischen Musikproduktion: Iannis Xenakis, Elliott Carter, George Crumb, Morton Feldman, John Cage, Pierre Boulez, Luciano Berio und Karlheinz Stockhausen. Und doch verweigerte sie sich stilistisch dem Zirkel der Nachkriegsgeneration und war etwa dezidiert anderer Meinung als Boulez, als dieser von der Pflicht sprach, die Vergangenheit zu vergessen: „Meine Wurzeln liegen tief in der Musikgeschichte.“
Vier Orgelwerke aus einem 30-jährigen Schaffenszeitraum, davon zwei Weltersteinspielungen, versammelt das beim Label NEOS erschienene neue Album. Der eröffnende Track „Musique d’Hiver“ für Orgel und Orchester von 1971 ist gleich ein stilistisches Statement: experimentelles Musikdenken in Reinkultur, es folgen „Musique de Jour“ für Orgel solo, „Leçons du Petit Jour“ für zwei- oder dreimanualige Orgel (2007) sowie „Trois Études Campanaires“ (ursprünglich für das Carillon von Saint-Germain l’Auxerrois geschrieben, hier eine autorisierte Orgelversion, wobei dafür ein spezielles Instrument gewählt wurde: die moderne Orgel in St. Antonius Düsseldorf-Oberkassel, die über echte Schlagwerkregister verfügt).
vollständige Presseinformation
Interview mit Angela Metzger beim Studio Neue Musik WDR 3