
Ein hochwahrscheinlicher Mozart – CD VÖ von Tobias Feldmann
Tobias Feldmann erkundet auf dem Album „Mozart’s Journey to Paris“ gemeinsam mit Reinhard Goebel und dem WDR Sinfonieorchester die Mozart-Spuren der Jahre 1777/78 – und liefert dabei mit der Einspielung des Violinkonzerts KV 271a einen erhellenden Beitrag zum kompositorischen Reifeprozess des Salzburgers (VÖ 16.5., Hänssler Classic)
„An dem Violinkonzert KV 271a D-Dur scheiden sich die wissenschaftlichen Geister: Ist es wirklich ein originäres Werk aus Mozarts Feder? Die Faktenlage im Schnelldurchgang: Das Notenmaterial ist nur in zwei nichtautografen Quellen des 19. Jahrhunderts überliefert, einem Pariser Stimmensatz mit Partitur sowie einer Berliner Partitur. Gleichwohl wurde es in die moderne Neue Mozart-Ausgabe aufgenommen, wenn auch aufgrund besagter Quellenlage mit dem Zusatz „zweifelhafter Echtheit“.
Mit der vorliegenden Einspielung durch Tobias Feldmann und das WDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Reinhard Goebel hat die Schar der Authentizitätsbefürworter nun weitere prominente wie musikalisch und wissenschaftlich maximal glaubwürdige Mitstreiter hinzugewonnen, zumal sich zahlreiche personaltypische Eigenheiten im Notentext ausmachen lassen. Darüber hinaus zeigt sich hier aber auch eine Weiterentwicklung zu den vorherigen fünf Gattungsbeiträgen des Salzburgers, wie Feldmann erläutert: „In erster Linie hebt es sich von den anderen Violinkonzerten durch die unglaubliche Virtuosität ab! Viele Passagen sind noch sehr viel exponierter als in den bekannten Violinkonzerten, im zweiten Satz sind in hohen Lagen Dezimen zu finden, in den Ecksätzen teils halsbrecherische Passagen, die jedoch trotz aller technischen Hürden stets eine klassische Noblesse und Eleganz verlangen.“
Reinhard Goebel, der Grandseigneur der modernen Alte-Musik-Szene, ist ein versierter Spurensucher und -finder im Dickicht des barocken und klassischen Partiturendschungels. Er weist in dem sehr lesenswerten Booklettext der neuen CD u.a. darauf hin, dass dem Pariser Notenmaterial ein kleines Konzert-Titelblatt von Mozarts Hand(schrift) mit der Datierung 16. Juli 1777 beiliegt.
Für dessen Einspielung hat sich der Dirigent bewusst Tobias Feldmann ins Boot geholt. Die langjährige Zusammenarbeit der beiden startete bereits vor rund sieben Jahren bei einem Projekt mit dem Bournemouth Symphony Orchestra.
Komplettiert wird die Track-Liste durch ein außergewöhnliches Arrangement der 1787 entstandenen Doppel-Klaviersonate C-Dur KV 521 als Sinfonia concertante durch den Mozart-Schüler Ignaz von Seyfried. Dank dieser Zusammenstellung ist das Album ein Muss für jeden Mozart-Enthusiasten und Repertoirejäger. Zumal herauszuhören ist, dass Goebel und Feldmann eine gemeinsame Mozart-Lesart an den Tag legen, die von höchstem Respekt vor der Partitur und zugleich modernem interpretatorischem Zeitgeist geprägt ist.